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Low-Dose-ASS: Schutzwirkung abhängig vom Körpergewicht

Die tägliche Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) in niedriger Dosierung zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützt nur Personen, die weniger als 70 kg wiegen. Das zeigt eine Metaanalyse, die ein Team um Professor Dr. Peter Rothwell von der Universität in Oxford nun im Fachjournal «The Lancet» veröffentlichte. Bei den 80 Prozent der Männer und den 50 Prozent der Frauen, die mehr wiegen, hat niedrig dosierte ASS keinen protektiven Effekt. In dieser Gruppe erhöhte die Einnahme sogar die Letalität bei Erstereignissen signifikant.

 

Schon seit Längerem sei bekannt, dass ein «One-Dose-fits-All»-Ansatz bei niedrig dosierter ASS nur mäßig erfolgreich ist, heißt es in der Publikation. Als Gründe könnten eine Unterdosierung bei schweren Personen beziehungsweise eine Überdosierung bei leichten Personen infrage kommen. Daher untersuchten die Forscher um Rothwell, inwieweit das Körpergewicht den Erfolg der Präventionsmaßnahme beeinflusst. Sie analysierten Patientendaten aus neun Studien zur Wirkung von ASS in der Primärprophylaxe von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und vier Studien zur Sekundärprophylaxe von Schlaganfällen.

 

Die Analyse zeigte einen für die Primärprophylaxe eindeutigen Zusammenhang: Die Schutzwirkung von 75 bis 100 mg ASS täglich nahm mit zunehmendem Körpergewicht der Probanden ab. Ein Benefit war nur in der Gruppe mit einem Gewicht von 50 bis 69 kg zu erkennen. Dagegen zeigten höhere ASS-Dosen (mehr als 325 mg täglich) nur bei Personen mit mehr als 70 kg Körpergewicht einen prophylaktischen Effekt. Der Grund hierfür könnte eine inadäquate Bioverfügbarkeit bei geringen Dosen sein, vermuten die Forscher. Diese Annahme wird gestützt durch die Beobachtung, dass der Schutzeffekt bei magensaftresistenten und Retard-Formulierungen noch stärker eingeschränkt waren. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich auch für die Wirkung von ASS in der Sekundärprophylaxe von Schlaganfällen. Auch hier nahm die Schutzwirkung mit steigendem Körpergewicht ab.

 

Es könnte sinnvoll sein, die Dosis dem Körpergewicht anzupassen, so das Fazit der Autoren, zumal auch Risiken durch Überdosierungen bei sehr Schlanken auftreten können. So war der Analyse zufolge die Gesamtsterblichkeit bei Personen unter 50 kg unter der Einnahme von 75 bis 100 mg ASS täglich erhöht. Auch bei einer weiteren Indikation, der Prophylaxe von Darmkrebs, zeigte die Wirkung der ASS-Einnahme eine Abhängigkeit vom Körpergewicht, berichten die Forscher. Auch hier profitierten wieder ausschließlich die Personen mit weniger als 70 kg Körpergewicht. Die Ergebnisse legen nahe, dass es für jedes Körpergewicht eine ASS-Dosierung gibt, die den stärksten Effekt zeigt. Dies müsse in weiteren Studien untersucht werden, schreiben die Forscher. (ch)

 

DOI: 10.1016/S0140-6736(18)31133-4

 

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16.07.2018 l PZ

Foto: Fotolia/Michael Nivelet