Ob wir zum Frühstück in einen knackigen Apfel beißen oder beim Mittagessen ein faseriges Steak zerkauen, bei jeder Mahlzeit bleiben an den Zähnen kleine Reste kleben. Es entsteht ein Belag, an dem sich Bakterien ansiedeln und mit der Zeit vermehren – was die Mundflora aus dem Gleichgewicht bringen kann. Das Immunsystem versucht die Bakterien zu bekämpfen, was zu Entzündungen führt. Schlimmstenfalls erkrankt der Zahnhalteapparat, eine Parodontitis entsteht.

Jeder zweite Deutsche leidet heute an Parodontitis. Viele, ohne es zu wissen. Dabei kann dieses Problem mit den Zähnen, neben deren Verlust, womöglich zu anderen schweren Erkrankungen im Körper führen. Medizinerinnen und Mediziner vermuten, dass Herzinfarkte oder Typ-2-Diabetes die Folge sein könnten. Sogar Alzheimer wird mit Parodontitis in Verbindung gebracht. Kann eine gute Zahngesundheit also vor bestimmten Krankheiten schützen?

Bei einer Parodontitis entzünden sich unter anderem das Zahnfleisch und der Kieferknochen. Beide bilden sich im Verlauf der Erkrankung zurück und die Zahnhälse liegen immer weiter frei. Es entstehen Zahnfleischtaschen, in die Bakterien eindringen und sich vermehren können. "Wenn die Parodontitis besonders schwer ausfällt, kann sich die Krankheit im gesamten Mundraum ausbreiten. Zusammengenommen kann die entzündete Fläche dann in etwa so groß sein wie die der eigenen Hand", sagt Henrik Dommisch, Abteilungsleiter der Parodontologie der Berliner Charité. "Die Immunreaktion ist in so einem Fall enorm."

Parodontose und Diabetes könnten sich gegenseitig verstärken

Das hat Folgen für den Körper. Zytokine, Botenstoffe, die von Immunzellen freigesetzt werden, können den Blutzuckerspiegel erhöhen, indem sie den Blutzucker daran hindern, in die Körperzellen zu gelangen. Der Körper muss also mehr Insulin produzieren, das dafür sorgt, dass der Zucker aus dem Blut transportiert wird. Das könnte die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse erschöpfen und zur Entstehung eines Diabetes beitragen.

Entsprechend scheint es plausibel, dass eine Parodontitis eine Diabetes begünstigt. Ob sich das aber auch im echten Leben beobachten lässt, überprüften Forschende der University of Eastern Finland. Für eine Studie teilten sie knapp 400 Probanden in drei verschiedene Gruppen ein, je nach Tiefe ihrer Zahnfleischtaschen: vier bis fünf Millimeter, mehr als sechs Millimeter und Zahnlose. Erstmals untersucht wurden die Probanden zwischen 1990 und 1992. Nach 15 Jahren folgten weitere Untersuchungen. Es stellte sich heraus, dass das Diabetesrisiko im Vergleich zu den gesunden Probanden bei Menschen mit bis zu fünf Millimeter tiefen Zahnfleischtaschen um 32 Prozent erhöht war. In der Gruppe mit den tiefsten Taschen stieg es sogar um mehr als 50 Prozent. (Journal of Clinical Periodontology: Myllymäki et al., 2018)

Nun bedingen sich Parodontitis und Diabetes womöglich gegenseitig. Denn Diabetes geht mit Wundheilungsstörungen einher. Neben einer Minderdurchblutung und einem veränderten Insulinstoffwechsel hemmen sogenannte Advanced Glycation End Products, die sich bei hohem Blutzucker anhäufen, die Wundheilung.