Novartis noch mitten im Umbruch

Novartis wird sich künftig vollständig auf innovative Arzneimittel konzentrieren. Der Bereich soll in den kommenden Jahren bis 2027 jährlich um durchschnittlich mehr als vier Prozent wachsen. Die Zahlen für das letzte Quartal 2022 und die vorläufigen Jahreszahlen sehen insgesamt ein kleines Plus aber im Vergleich zum Vorjahr viele Minuszeichen.

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Auf der Jahrespressekonferenz von Novartis konnte CEO Vas Narasimhan zwar ein kleines Plus beim Nettoumsatz vermelden, der sich im Gesamtjahr auf 50,5 Mrd. US-Dollar belief (-2%, +4% wenn man zu konstanten Wechselkursen hätte rechnen können), doch die Ergebniszahlen haben alle ein Minuszeichen geliefert: Das operative Ergebnis belief sich auf 9,2 Mrd. US-Dollar (-21%), der Reingewinn auf 7,0 Mrd. USD (-71%) und auch der Gewinn pro Aktie konnte mit 3,19 US-Dollar (-70%) nicht mit 2021 mithalten. In diesem Fall haben die Zahlen des Baseler Großpharmaunternehmens einmal nichts mit Corona-Einwirkungen zu tun, sondern einerseits mit einem hohen Kostenfaktor bei der personellen Umstrukturierung (auch der ehemaligen Führungsebene), die mit rund 1,5 Mrd. US-Dollar zu Buche schlägt, wie auch dem Sondereffekt des Verkaufs des gesamten Roche-Aktienpaketes, der den Gewinn im Jahr 2021 in besondere Höhen geschraubt hatte. An verfügbarem Geld mangelt es Novartis nicht, das Bankkonto ist mit 12 Mrd. US-Dollar gut gefüllt.

Im vergangenen hat die Unternehmenssparte Sandoz als Generika- und Biosimilargeschäft mit rund 9 Mrd. US-Dollar Nettoumsatz beigetragen, in diesem Jahr soll die Trennung in der zweiten Jahreshälfte endgültig vollzogen werden. Narasimhan widmete in seiner Präsentation den zukünftigen Zielen des Unternehmens wesentlich mehr Zeit als der Rückschau oder der Abspaltung von Sandoz. Ihm geht es in der Strategie voll auf "innovative Medizin" zu setzen vor allem darum, werthaltigere Blockbuster zu generieren als dies in der Vergangenheit gelungen sei. Dazu gehöre eine wesentlich stärkere Konzentration auf den US-Markt, während sich Novartis in Europa als ein führendes Pharmaunternehmen etabliert sieht.

Mit dem Fokus auf fünf Krankheitsgebiete – Herz-Kreislauf, Immunologie, Neurowissenschaften, solide Tumore und Hämatologie – und immerhin einer guten Handvoll an derzeitigen Blockbuster-Medikamenten, soll Novartis die eigene Innovationskraft besser heben und die Produktivität in der Generierung von "high value" Medikamenten auf dann neun Blockbuster in wenigen Jahren deutlich steigern.

Über das "Wie" gab sich der Novartis-Vorstand in einer Q&A-Fragerunde wenig innovativ. Es solle beispielsweise früher entschieden werden, ob die Umsatzerwartung bei einer Medikamentenentwicklung zu diesen hohen Zielvorgaben passe, zudem solle in einzelne Wirkstoffe früher mit mehr Mitteln energischer investiert werden, um bei Erfolg einen besseren Mittelrückfluss zu erzielen. Die Vision, in wenigen Jahren die Marge von derzeit um die 30% auf dann 40% noch weiter zu steigern, mag für die Novartis-Aktionäre von besonderer Bedeutung sein, die sich auch bei schlechteren Jahreszahlen seit mehreren Jahrzehnten über steigende Dividendenausschüttungen freuen. Dass dafür besonders hochpreisige Medikamente in die an allen Ecken über die Finanzierungsprobleme ächzenden Gesundheitssysteme eingeschleust und dort erstattet werden müssen, lässt auch bei einigen Börsenanalysten Fragezeichen übrig. So richtig gezündet hat die Operation "Umbau" bei Novartis noch nicht, derzeit sieht es noch nach vielen Baustellen aus.

Das zeigt sich auch an der scheinbaren klaren Trennung zwischen Novartis und Sandoz. So ganz klar ist diese dann doch nicht, wenn es etwa um den traditionellen Produktionsstandort Kundl/Schaftenau in Österreich geht. Die letzte in Europa aktive Penicilin-Produktion scheint Novartis nicht weiter zu interessieren. Die in vielen Jahren aufgerüstete Biopharmazeutische Produktionskompetenz in Biosimilars schon eher. Zumindest heißt es von Novartis-Unternehmenssprechern auf Nachfrage von |transkript dazu: "Unsere Pläne für die geplante Abspaltung von Sandoz von Novartis schreiten weiter voran, wobei die vollständige Trennung für die zweite Hälfte des Jahres 2023 geplant ist. Unsere Standorte in Kundl und Schaftenau sind für beide Unternehmen von zentraler Bedeutung und verfügen über erstklassiges Know-how in den Bereichen große Moleküle, Wirkstoffproduktion und fertige Darreichungsformen. Nach der geplanten Ausgliederung wollen beide Unternehmen auf diesen Fähigkeiten aufbauen die Möglichkeiten für potenzielle Großinvestitionen in der Region bieten." Keine schlechte Position für die Belegschaft vor Ort, wenn beide Unternehmensleitungen (Sandoz und Novartis) ausdrücklich großes Interesse artikulieren.

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