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Medizin-Statistik Krankenkassen zählen 3500 Behandlungsfehler

Wenn Ärzte Fehler machen, kann das für Patienten gravierende Folgen haben. Vergangenes Jahr haben die Kassen rund 14.000 Vorwürfe gegen Mediziner geprüft und knapp ein Viertel bestätigt.
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Foto: Maurizio Gambarini/ picture alliance / Maurizio Gambarini/dpa

Die Prüfer der gesetzlichen Krankenkassen haben im vergangenen Jahr knapp 3500 Behandlungsfehler festgestellt, in deren Folge Patienten ein Schaden entstand. In 107 Fällen führte der Fehler zum Tod oder trug dazu bei. Für das Jahr 2017 hatten die Gutachter 3337 Fehler bestätigt.

Die Fehlerstatistik zeige allerdings nur einen kleinen Ausschnitt, weshalb sich daraus keine generellen Aussagen zum Gefährdungsrisiko ableiten ließen, berichtet der Medizinische Dienst des Kassenspitzenverbands (MDS). Behandlungsfehler werden in Deutschland nicht zentral erfasst. Der stellvertretende MDS-Geschäftsführer Stefan Gronemeyer sprach von einer hohen Dunkelziffer. Studien gehen demnach davon aus, dass auf jeden festgestellten Behandlungsfehler etwa 30 unentdeckte Fälle kommen.

Insgesamt erhielten die Krankenkassen im vergangenen Jahr etwas mehr Patientenbeschwerden über mögliche Behandlungsfehler. Die Gutachter des Medizinischen Dienstes der deutschen Krankenversicherer (MDK) prüften demnach 14.133 solcher Vorwürfe, das waren rund 600 mehr als 2017.

Knapp jeder vierte Vorwurf wurde bestätigt

In knapp jedem vierten Fall (3497) bestätigten die Gutachter den Verdacht. In jedem fünften Fall - das waren 2799 - bestätigte sich, dass der Fehler den erlittenen Schaden verursachte. Das ist wichtig für die Betroffenen, denn nur dann bestehen Chancen auf Schadenersatz. Die festgestellten Fehler beträfen die unterschiedlichsten Erkrankungen und Therapien von Hüftgelenksoperationen über Zahnentfernungen bis hin zu Blinddarmoperationen.

Der Medizinische Dienst bemängelte - wie in den Vorjahren - die Meldekultur in der Medizin. Am wichtigsten sei es, über schwerwiegende und vermeidbare Schadensfälle wie Medikamentenverwechslungen, verwechselte Seiten bei Operationen oder im Körper vergessene Fremdkörper zu berichten. Nur dadurch seien diese "künftig systematisch zu vermeiden", erklärte Gronemeyer.

Solche Schadensereignisse werden international als "Never Events" bezeichnet. Diese weisen demnach nicht auf das Versagen Einzelner, sondern auf fehlerhafte Abläufe und Schwächen im System hin. Gronemeyer forderte die Schaffung einer nationalen Never-Event-Liste. Es mangle immer noch an der systematischen Umsetzung und Überprüfung von Maßnahmen zur Fehlervermeidung, kritisierte er.

Auch die Ärzteschaft berichtet jährlich über ihre Statistik zu Behandlungsfehlern, weil sie eigene Beschwerdestellen hat. Dort sind die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr etwas zurückgegangen: Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärzteschaft hatten für 2018 insgesamt 1858 Behandlungsfehler bestätigt.


An wen können sich Patienten wenden?

Wer den Verdacht hat, falsch behandelt worden zu sein, sollte nicht zu lange zögern. Nach drei Jahren verjähren die Ansprüche in der Regel.

  • Zuerst sollte der Patient das Gespräch mit dem behandelnden Arzt selbst suchen. Kommt er dort nicht weiter, sind leitende Ärzte oder die Klinikleitung die nächsten Ansprechpartner. In vielen Kliniken gibt es zentrale Beschwerdestellen, an die Patienten sich wenden können.
  • Ärzte- und Zahnärztekammern bieten mit ihren Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen für Arzthaftungsstreitigkeiten eine außergerichtliche Streitschlichtung und Expertengutachten an. Das Verfahren ist für die Patienten kostenfrei.
  • Krankenkassen vermitteln eine außergerichtliche Rechtsberatung oder holen über ihren Medizinischen Dienst ein Gutachten ein. Das kann für den Patienten eine entscheidende Hilfe bei einem Gerichtsverfahren sein. Dieser Weg ist für die Patienten ebenfalls kostenfrei.
  • Verbraucherzentralen, Selbsthilfegruppen und Patientenberatungsstellen bieten ebenfalls Hilfe bei Fragen. Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland betreibt unter der kostenlosen Rufnummer 0800-0117722 ein bundesweites Beratungstelefon.
  • Schließlich bleibt der Weg zum Rechtsanwalt, der über die rechtlichen Möglichkeiten berät. Die Anwaltskosten trägt der Patient selbst. Bei den Anwaltskammern gibt es Adressen spezialisierter Rechtsanwälte.

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SWR
wbr/dpa/AFP