Page 10 - pharmind Ausgabe 5/2021
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                               Streiflichter







                  Was hat sich geändert und was    Wundheilung unterstützen, sind   nen   nicht  als  Verbandmittel
                       sind Verbandmittel?         solch  ergänzende  Eigenschaften  qualifiziert werden. Sie sind viel-
                                                   willkommen! Dies ist z. B. nach der  mehr „sonstige Produkte zur Wund-
                  Verbandmittel sind Medizinpro-   Aufzählung in der Definition der  behandlung“. Diese Kategorisierung
                  dukte im Sinne der Medizinproduk-  Fall, wenn sie eine Wunde feucht  kann für die betroffenen Produkte
                  te-Verordnung (MPV) der Europä-  halten, reinigen, den Geruch bin-  fatal sein. An versteckter Stelle,
                  ischen Union, die im Mai dieses  den, antimikrobiell wirken oder  nämlich  in  § 31  Abs. 1a  S. 4
                  Jahres in Kraft getreten ist. Um ver-  metallbeschichtet sind. Dies ist si-  2. Halbsatz SGB V findet sich ein
                  kehrsfähig zu sein, müssen sie da-  cher eine wichtige Klarstellung, da  auf den ersten Blick undramati-
                  her von einer Benannten Stelle eine  Innovationen in diesem Bereich im  scher aber für die betroffenen Pro-
                  CE-Zertifizierung erhalten. Diese  Interesse der Patienten nach CE-  dukte u. U. fataler Zusatz. Die Re-
                  beruht auf einer fachlichen Bewer-  Zertifizierung als Medizinprodukte  gelung lautet:
                  tung der Tauglichkeit und Unbe-  Zugang zur Verordnung zulasten
                  denklichkeit und legt eine Zweck-  der gesetzlichen Krankenkassen er-  „Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sons-
                  bestimmung verbindlich fest.     halten.                           tigen Produkte entsprechend.“
                    Der G-BA stellt ausdrücklich     Eine für viele Produkte wichtige
                  klar, dass nur solche Produkte zu-  ergänzende Eigenschaft ist z. B. die  Schaut man in den Abs. 1 und
                  lasten der GKV verordnet werden  antimikrobielle Wirkung. Hier ist  in die in Bezug genommene Rege-
                  können, die nach den medizinpro-  jedoch wichtig festzuhalten, dass  lung so stellt man fest, dass hier
                  dukterechtlichen Vorschriften CE-  die Wirkung dann nicht pharmako-  das Verfahren geregelt ist, in dem
                  zertifiziert sind.               logisch, metabolisch oder immuno-  Stoffe  und  Zubereitungen  aus
                    Für die Verordnung zulasten    logisch sein darf. Das ist z. B. gege-  Stoffen, die als Medizinprodukte
                  der GKV wird in § 31 Abs. 1a S. 2  ben bei Präparaten, die ein Wund-  nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medi-
                  SGB V das Verbandmittel neu de-  sekret aufsaugen und die Bakterien  zinprodukte-Gesetzes (MPG) bzw.
                  finiert und vom G-BA in § 53     in einer formstabilen Matrixstruk-  nach der neuen Medizinprodukte-
                  Abs. 3 AM-RL weiter konkretisiert.  tur töten, wie z. B. Alginol-haltige  Verordnung (MPV) CE-zertifiziert  Nur für den privaten oder firmeninternen Gebrauch / For private or internal cooperate use only
                  Danach ist Mindestvoraussetzung,  Verbandmittel. Eine Ergänzung der  sind, nur „ausnahmsweise“ in die
                  dass die Produkte geeignet sind,  Liste der nicht abschließenden Bei-  Arzneimittelversorgung einbezogen
                  die wesentlichen Zwecke eines    spiele um diese Produkte, wäre da-  werden können. Es findet sich hier
                  Verbandmittels zu erfüllen. Diese  her im Interesse der Rechtssicher-  ein spezifisches Verfahren. Dies
                  bestehen  darin,  oberflächenge-  heit und Klarheit begrüßenswert.  verlangt, dass der betroffene Un-
                  schädigte Körperteile zu bedecken,  Als Beispiele für diese Verband-  ternehmer beim G-BA einen An-
                  Körperflüssigkeiten von oberflä-  mittel mit ergänzenden Eigen-   trag  auf  Anerkennung  stellen
                  chengeschädigten   Körperteilen  schaften führt die AM-RL Hydro-  muss. Wird dieser positiv beschie-
                  aufzusaugen oder beides zu erfül-  gelkompressen, Salbenkompressen,  den, erfolgt eine Aufnahme in den
                  len. Der G-BA stellt zusätzlich  Wundauflagen   mit   Aktivkohle,  Anhang V der AM-RL. Ist dies
                  klar, dass bei stofflichen Verband-  Wundauflagen mit Alginaten so-  nicht der Fall, können die Präpara-
                  mitteln ein „ergänzend notwendi-  wie Wundauflagen mit Polyacrylat  te nicht zulasten der GKV verordnet
                  ger Verband unschädlich ist“. Dies  auf.                          werden. Dies ist der maßgebliche
                  ist bedeutsam für alle Verband-    Diese Verordnung zulasten der  Unterschied zu den Verbandmit-
                  mittel, die nicht selbstklebend  GKV aufgrund des Charakters als  teln, die zulasten der GKV verord-
                  sind oder gebunden werden.       Verbandmittel, gilt aber nicht für  nungsfähig sind, wenn sie die An-
                    Gegenüber dem früheren Recht-  „sonstige Produkte zur Wundbe-   forderungen des SGB V und der
                  zustand ist jedoch neu, dass Ver-  handlung“. Sie sind nach diesen  Regelungen in §§ 52, 53 und 54
                  bandmittel – neben den genannten  Definitionen keine Verbandmittel,  der AM-RL erfüllen.
                  Hauptwirkungen, nämlich abde-    weil sie die Hauptwirkung, näm-    Besondere Überraschungen hat
                  cken und aufsaugen – ergänzende  lich das Abdecken und Aufsaugen,  dies verursacht bei Präparaten, die
                  Eigenschaften haben können. Die  nicht erfüllen oder pharmakologi-  sich dadurch auszeichnen, dass sie
                  Regelung in § 31 Abs. 1a S. 2 SGB V  sche, metabolische oder immuno-  nicht nur „auf der Wunde“, sondern
                  stellt klar, dass die Eigenschaft als  logische Wirkung haben. Betroffen  auch „in der Wunde“ wirken. Wenn
                  Verbandmittel nicht entfällt, wenn  von dieser Kategorisierung sind  also pharmakologische Erwirkun-
                  ein Gegenstand ergänzend weitere  insbesondere Medizinprodukte der  gen durch Abgabe von Stoffen in
                  Wirkungen entfaltet, die aber nicht  Risikoklasse III und andere Präpa-  die Wunde ausgelöst werden, so ist
                  pharmakologischer,  immunologi-  rate, die z. B. eine pharmakologi-  der G-BA der Auffassung, dass diese
                  scher oder metabolischer Natur   sche Wirkung innerhalb der Wun-  nicht als Verbandmittel eingestuft
                  sein dürfen. Wenn sie aber die   de entfalten. Diese Produkte kön-  werden können, schon aufgrund


                                                                                            Pharm. Ind. 83, Nr. 5, 585–587 (2021)
                  586    pharmind • Streiflichter                                   © ECV • Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany)
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