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    2013 Vorfahrt für Innovationen

    Statements der Verbände

    Birgit Fischer · Hauptgeschäftsführerin, vfa – Die forschenden Pharma-Unternehmen
    Birgit Fischer

    2013 ist das Jahr der Bundestagswahl. Welche politischen Konstellationen und gesundheitspolitischen Weichenstellungen sie bringt, weiß naturgemäß kein Mensch.

    Aber wir alle werden vor der Frage stehen, ob und wie unser Gesundheitssystem – gerade auch angesichts des demographischen Wandels – zukunftsfähig gemacht werden kann.

    Auf der budgetären Seite, und diese ist bekanntlich ein großer Treiber der Politik, sehen wir gegenwärtig gerade im Arzneimittelsektor relative Ruhe: Mit gerade einmal 2 % Steigerung sind Arzneimittel der Sektor im Gesundheitswesen mit den geringsten Ausgabensteigerungen in 2012.

    Diese für die Finanzen der GKV positive Situation sollte man nutzen, um sich endlich der Frage zu widmen, wie die Qualität der Versorgung verbessert werden kann. Dabei geht es vorrangig um die Frage, welche Strukturen und Prozesse mittel- und langfristig etabliert werden müssen. Das Ziel ist: das vorhandene Wissen und Innovationen für die Patientenversorgung zu nutzen und durch Versorgungsqualität auch effizienter zu arbeiten. Das Motto dabei ist: das Geld muss der Leistung folgen.

    Das AMNOG, sicher die wichtigste Strukturentscheidung im Arzneimittelsektor der vergangenen Legislaturperiode, versucht, langfristig wirkende Strukturen zu etablieren. Dafür muss es aber einem radikalen Praxischeck unterzogen werden. Wird Qualität und Leistung gefördert oder gibt es Fehlanreize und Blockaden?

    Zur Umsetzung des AMNOG mussten komplett neue Verfahren etabliert werden. Nicht jede Frage, die auf diesem Weg auftauchte, konnte vorhergesehen und vorab geklärt werden. Exemplarisch seien hier nur folgende Punkte erwähnt, die vor allem die frühe Nutzenbewertung betreffen:

    • Das Zusammenspiel von Zulassung und früher Nutzenbewertung

    • Die Auswahl der Vergleichstherapie

    • Die Definition der Endpunkte von Studien

    • Die nachträgliche Veränderung der Subgruppen von Studien

    • Die Klassifizierung des Zusatznutzens

    • Die Kriterien der Erstattungsbetragsfestlegung

    • Das Zusammenspiel des Erstattungsbetrages mit dem Festbetragssystem

    • Die Wirtschaftlichkeit der Verordnung nach der Nutzenbewertung/Erstattungsbetragsfestlegung

    Die Liste offener Fragen ließe sich fortsetzen und vertiefen. Deshalb war und ist eine Reflexion über die Anwendung der Instrumente des AMNOG nötig. Wie nötig diese Reflexion wäre, zeigt sich in vielen Einzelfällen der jüngsten Zeit, vor allem der Marktrücknahme bzw. Nichteinführung innovativer Arzneimittel in Deutschland.

    Unser aller Augenmerk sollte deshalb jetzt darauf gerichtet sein, dass sich all dies unter dem Strich auch zu Gunsten der Patienten auswirkt. Ihre Versorgung mit Innovationen darf nicht ins Stocken geraten, weil das AMNOG zu langsam unter Praxisbedingungen lernt.

    Wegen dieses Reflexionsbedarfs bürgerte sich richtigerweise die Rede vom AMNOG als einem lernenden System ein. Mit diesem geflügelten Wort war anfangs der Wille und die Offenheit gemeint, zur Klärung neuer Fragen hinzuzulernen und nach geeigneten Lösungen für beide Seiten zu suchen. Aus diesem wechselseitigen Hinzulernen wurde beim GKV-Spitzenverband eine immer einseitigere und engere Auslegung. Im lernenden „System“ wurden Erfahrungen angesammelt, wie das „System“ Unternehmen am besten gegeneinander ausspielen kann und mit welcher Verhandlungstaktik der Nutzen gering und der Rabatt hoch getrieben werden kann. Der GKV-SV entfernte sich immer mehr vom konstruktiven Geist eines lernenden Systems.

    Während die Verbände der pharmazeutischen Unternehmen bemüht waren, „Spielregeln“ für das neue AMNOG zu entwickeln, damit das zukünftige „Spiel“ möglichst reibungs- und konfliktfrei zu Ergebnissen kommt, wurde das AMNOG vom GKV-SV zum Instrument umfunktioniert, das im „Verhandlungs“-Kampf sicherstellen soll, wer die Nase vorn hat. Der GKV-SV verlässt den Weg zum „fairen Interessenausgleich“, von dem bisher immer die Rede war. Jetzt ist, wie in einem Papier des Spitzenverbandes zu lesen ist, vom AMNOG als einem Einkäufermodell die Rede.

    Das AMNOG mit seinen Instanzen und Prozessen sollte eigentlich dafür prädestiniert sein, den Nutzentransfer in den therapeutischen Alltag der Patienten zu fördern. Wenn man sich aber die Zusammensetzung der wichtigsten Gremien, G-BA und GKV-Spitzenverband ansieht, macht man eine Dominanz der Kassenvertreter aus. Patienten sind zum Teil und die Industrie gar nicht repräsentiert. Auch hier braucht das AMNOG eine neue Balance, denn ausgewogenere Gremien würden sicher bessere Verfahren und akzeptierte Ergebnisse erarbeiten. Fragen der Patientenversorgung spielen jedenfalls bei der gegenwärtigen frühen Nutzenbewertung und den anschließenden Preisverhandlungen bislang kaum eine Rolle. Die Versorgung der Patienten muss ins Zentrum der Handelnden rücken.

    Vielleicht ist das Ziel, das AMNOG im Diskurs praxistauglich zu machen, im Jahr 2013 ja doch noch zu erreichen. Und dieser Diskurs über Probleme des AMNOG könnte aus übergeordneter Sicht bedeutsam für das Gesundheitswesen werden. Indem nämlich Prozesse der Problemanalyse zwischen den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen „eingeübt“ werden, entstehen belastbare Konfliktlösungsstrukturen für die Herausforderungen von morgen. Hier sehe ich ein lohnendes Projekt für die Gesundheitspolitik 2013.

    So brauchen wir einen vertrauensvollen Dialog über Versorgungsziele. Vertrauen der Akteure braucht gegenseitiges Verständnis und die Bereitschaft, die Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen. Hierfür brauchen wir bessere Gesprächsplattformen, als sie das AMNOG gegenwärtig bietet. Patienten brauchen jedenfalls für ihre Versorgung nicht einzelne Player im Gesundheitsbereich; sie brauchen vielmehr das Zusammenspiel aller Akteure. Politik, Kassen, Ärzte, Apotheker und Industrie müssen nach Netzwerklösungen suchen, die die Patienten überzeugen und Angebote machen, die im Alltag ankommen. Dann ginge es nicht mehr nur um Rabatte, die mit der Gießkanne über das System geschüttet werden, sondern um Versorgungspakete, die für die geschnürt werden, die sie brauchen!

    Die Herausforderung der Zukunft liegt also in der Abstimmung und Kooperation innerhalb von Netzwerken. Das ist eine Aufgabe, die das AMNOG betrifft, die aber auch darüber hinausreicht und die Herausforderungen der Zukunft beschreibt: Wir müssen in unserem Gesundheitswesen anders und vor allem besser kooperieren und die Versorgung neu strukturieren. Solange das nicht geschieht, wird es immer einzelfallbezogene Auseinandersetzungen um Innovationen geben. Um es in ein Bild zu fassen: Wir brauchen einen Fahrplan für Innovationen, aus dem hervorgeht, wo der größte Bedarf ist – also gleichsam Berufsverkehr herrscht – und wo Spitzentechnologie – also ein medizinischer ICE – zum Einsatz kommen muss. Ohne einen solchen Fahrplan für Innovationen wird es immer beim Streit um einzelne Zugverbindungen bleiben und nie zur Diskussion um ein Verkehrskonzept kommen. Oder anders gesagt: Die Diskussion über einzelne Therapien bringt wenig, der Streit über ein Gesamtkonzept viel! Dann wären wir, was Innovationen betrifft, endlich bei einer strukturellen Diskussion und könnten Deutschland von dem Verdacht befreien, es sei aus Kostengründen in einer Abwehrhaltung gegen Innovationen.

    Originaldokument