Kriterien für die Verordnung von Arzneimitteln außerhalb zugelassener Indikationen in der GKV (BSG, Urteil vom 19. März 2002, Az.: B 1 KR 37/00 R Off-label-use) Die Leistungspflicht der Krankenversicherung bei einem zulassungsüberschreitenden Einsatz von Arzneimitteln ist vom Bundessozialgericht (BSG) in der Vergangenheit nicht einheitlich beurteilt worden. In der Entscheidung vom 5. Juli 1995 - 1 RK 6/95 - zur Drogensubstitution mit dem Hustenmittel Remedacen war der Erste Senat noch ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dem Versicherten könne das Fehlen einer indikationsspezifischen Zulassung nicht entgegengehalten werden. Demgegenüber hat der 8. Senat im Urteil vom 30. September 1999 - Az.: B 8 KN 9/98 KR R SKAT - auf die Bedeutung der arzneimittelrechtlichen Zulassung für die Einhaltung der im SGB V geforderten Qualitätsstandards verwiesen und gefordert, daß die Leistungspflicht der Krankenkassen auf die zugelassenen Anwendungsgebiete beschränkt bleiben müsse. Dieser rechtlichen Beurteilung stimmt der 1. Senat nunmehr unter Aufgabe seiner früheren, abweichenden Rechtsauffassung ausdrücklich zu. Davon sind nur eng begrenzte Ausnahmen möglich. Der Anspruch des Versicherten auf Bereitstellung der für die Krankenbehandlung benötigten Arzneimittel besteht nur für solche Pharmakotherapien, die sich bei dem vorhandenen Krankheitsbild als zweckmäßig und wirtschaftlich erwiesen haben und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Diese Anforderungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Ersten Senats nicht erfüllt, wenn das verabreichte Medikament nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts der Zulassung bedarf, aber nicht zugelassen ist. Das Krankenversicherungsrecht verzichtet bei der Arzneimittelversorgung, anders als bei den übrigen Leistungen der Krankenbehandlung, weitgehend auf eigene Vorschriften zur Qualitätssicherung. Es knüpft insoweit an das Arzneimittelrecht an, das für Arzneimittel eine staatliche Zulassung vorschreibt und deren Erteilung vom Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Medikaments abhängig macht. Da dies die selben Kriterien sind, an denen die Leistungen der Krankenversicherung gemessen werden, kann bei Vorliegen der arzneimittelrechtlichen Zulassung davon ausgegangen werden, daß damit zugleich die Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts erfüllt sind. Dies rechtfertigt die Vorgreiflichkeit der arzneimittelrechtlichen Zulassung für die Anwendung eines Medikaments im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung1). Eine fehlende Zulassung bei bestimmten Anwendungsgebieten kann - wenn ansonsten eine Versorgungslücke aufträte - mit dem Instrumentarium des Krankenversicherungsrechts in eng begrenzten Ausnahmefällen behoben werden. Zwar kommt ein Verfahren nach § 135 SGB V (die Zulassung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch den Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen) nicht in Betracht, weil es sich neben Verfahren und Behandlungsmethoden lediglich auf nicht zulassungspflichtige Rezepturarzneimittel oder andere Arzneimittel bezieht, die im Einzelfall auf besondere Anforderung hergestellt werden. Denn es ist nicht Aufgabe des Bundesausschusses, zulassungspflichtige Arzneimittel für den Einsatz in der vertragsärztlichen Versorgung einer nochmaligen gesonderten Begutachtung zu unterziehen. 1) So auch G. Schwerdtfeger, Die Bindungswirkung der Arznei mittelzulassung, Nomos Verlagsgesellschaft (1983). |