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    OVG Berlin: BfArM hat keine Befugnis zur Anordnung von Alkohol-Überdosierungshinweisen

    (OVG Berlin, Beschluß vom 9. Juni 2000, Az.: OVG 5 N 3.00)

    Nach dem Verwaltungsgericht hat nun auch das Oberverwaltungsgericht Berlin festgestellt, daß das BfArM mit dem in zahlreichen Zulassungsbescheiden angeordneten Hinweis auf die Gefahr einer Alkoholvergiftung bei Kindern seine Auflagenbefugnis überschritten hat. Das BfArM hatte für die Packungsbeilage folgende Hinweise durch Auflagen angeordnet: „Kinder unter 12 Jahren sollen dieses Arzneimittel wegen seines Alkoholgehaltes nicht ohne ärztlichen Rat einnehmen“. und „Die Einnahme größerer Mengen dieses Arzneimittels kann, insbesondere bei Kindern, zu einer Alkoholvergiftung führen; in diesem Fall besteht Lebensgefahr, weshalb unverzüglich ein Arzt aufzusuchen ist. Bei der Einnahme des gesamten Flascheninhalts werden etwa X-Gramm Alkohol aufgenommen“. Das BfArM hatte sich in einem Verbändegespräch am 6. Dezember 1999 bereiterklärt, die gegen diese Auflagen eingelegten Widersprüche erst zu bescheiden, wenn die anhängigen Musterverfahren rechtskräftig abgeschlossen sind. Somit waren die Auflagen lediglich als vorläufig anzusehen und sind nunmehr aufgrund der Entscheidung des OVG Berlin entfallen. Als Rechtsgrundlage hatte das BfArM § 28 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a AMG angeführt und die Warnhinweise damit begründet, daß sie zur Verhütung einer mittelbaren oder unmittelbaren Gefährdung bei der Anwendung der Arzneimittel erforderlich seien. Es sollte ein bestimmungswidriger Gebrauch verhindert werden, indem auf die möglichen Folgen einer „akzidentellen Ingestion“ durch Kinder hingewiesen wird. Diese Rechtsgrundlage wird vom OVG in Zweifel gezogen. Denn: Schon der Wortlaut der Vorschrift impliziert, daß nur solche Hinweise oder Warnhinweise gemeint sind, die im Zusammenhang mit einer - im weitesten Sinne - zweckbestimmten Applikation des Arzneimittels stehen. Daß der Gesetzgeber zwischen Gefahren bei der Anwendung von Arzneimitteln und Mißbrauchsgefahren zu unterscheiden weiß, ergibt sich aus § 28 Abs. 2 Nr. 5 AMG, wonach für Behältnisse besondere Sicherheitsverschlüsse angeordnet werden können, soweit dies geboten ist, um die Einhaltung der Dosierungsanleitung zu gewährleisten oder um die Gefahr des Mißbrauchs durch Kinder zu verhüten. Im übrigen waren die Hinweise aber auch nicht erforderlich, weil Behältnis und Packungsbeilage den Anforderungen entsprechen, die die AMWarnV für die Kennzeichnung stellen.
    Im Gegensatz zum Verwaltungsgericht läßt es das Oberverwaltungsgericht offen, ob die AMWarnV eine abschließende Regelung enthält und führt aus: „Auch wenn deren Regelungen insofern kein abschließender Charakter zukommt, als sie sich am bestimmungsgemäßen Gebrauch alkoholhaltiger Arzneimittel ausrichten, so kann sie bei der Frage nach der sowohl von § 28 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a als auch von § 11 Abs. 1 Nr. 12 AMG vorausgesetzten Erforderlichkeit nicht gänzlich außen vor bleiben“. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, daß die AMWarnV bereits ausreichende Warnhinweise enthält, somit eine abschließende Regelung beinhaltet und den Zulassungsbehörden deshalb nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Befugnis zu darüber hinausgehenden Auflagen fehlt (Sander, Kommentar zum Arzneimittelrecht, Erläuterungen 3a zu § 28 AMG, Kohlhammer- Verlag). Auch das OVG weist den Einwand des BfArM zurück, die AM-WarnV bleibe im Hinblick darauf, daß sie die Ethanol-Konzentration nach der maximalen Einzeldosis bemesse, deutlich hinter den aus heutiger medizinischer Sicht gebotenen Aufklärungshinweisen zurück. Diese seien - so das BfArM - durch die Europäische Leitlinie zur Deklaration von Hilfsstoffen (“Guideline on the excipients in the lable and package leaflet of medicinal products for human use”) vom 12. Juni 1997 sowie durch die von der US-amerikanischen Food and Drug Administration erlassene Anordnung vom 1. März 1995 betreffend oral zu verabreichender alkoholhaltiger Arzneimittel geprägt, wonach die maximale Tagesdosis Art und Umfang des Warnhinweises bestimme.
    Das OVG bezweifelt diese Feststellung und bemerkt, daß als Anhaltspunkt für einen möglicherweise geänderten wissenschaftlichen Erkenntnisstand die europäische Guideline nur dienen könnte, wenn sie von der Kommission verabschiedet und in Form einer an die Mitgliedstaaten gerichteten Richtline erlassen wird. Auch § 11 Abs. 1 Nr. 12 AMG (Hinweise für den Fall der Überdosierung) sei nicht einschlägig. Diese Vorschrift gehe zurück auf die Richtlinie 92/27/EWG und soll die für eine ordnungsgemäße Verwendung erforderlichen üblichen Anweisungen zur Dosierung und ggf. zu Maßnahmen für den Fall der Überdosierung enthalten. Der Begriff der Überdosierung gehe vom bestimmungsgemäßen Verbrauch aus und sei ein „Mehr“ der empfohlenen oder therapeutisch verordneten Dosis, nicht aber eine - absichtliche oder unabsichtliche -Verwendung des Arzneimittels, die mit seiner Zweckbestimmung nichts mehr zu tun hat. Somit fehlt es auch nach Meinung des Oberverwaltungsgerichts an einer Rechtsgrundlage für diese Hinweise sowohl in der Packungsbeilage als auch in der Fachinformation. Der rechtskräftige Beschluß hat folgenden Wortlaut (Auszug):

     




    © ECV- Editio Cantor Verlag (Germany) 2000

     

    pharmind 2000, Nr. 10, Seite 763