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    Referenzpreissystem bei Medikamenten

    Versorgungsengpässe stärken Referenzpreisgegner

    Statements der Verbände

    Dr. Axel Müller · Geschäftsführer des schweizerischen Verbands Intergenerika
    Dr. Axel Müller

    Das Referenzpreissystem für Medikamente hat sich in der Schweiz mittlerweile zum Dauerbrenner in der gesundheitspolitischen Debatte entwickelt. 2020 wird das neu formierte Parlament über ein Kostendämpfungspaket des Bundesrats entscheiden, welches auch das höchst umstrittene Referenzpreissystem für Medikamente enthält. Dieses System bekämpfen wir bei Intergenerika zusammen mit den Partnern in der Allianz „Nein zu Referenzpreisen bei Medikamenten“ seit Jahren aufs Schärfste, insbesondere angesichts sich zuspitzender Lieferengpässe, welche sogar in der reichen Schweiz längst zur traurigen Realität geworden sind und sich zudem dynamisch ausweiten und Fachpersonen in Praxen, Apotheken und Spitalapotheken tagtäglich Sorgenfalten auf die Stirn treiben.

    Verknappung bei lebensnotwendigen Medikamenten

    Ein Referenzpreissystem halten wir für eine völlig verfehlte Maßnahme, deren negative Folgen v. a. die sozial Schwächeren träfen. Die Argumentation des Bundesrats, damit wir die neuen sehr teuren Medikamente finanzieren können – die ja auch wichtig sind –, müssen wir bei den preiswerten Medikamenten die Schraube immer weiter nach unten drehen, ist falsch. Zudem irrt der Bundesrat, wenn er glaubt, dass sich mit einer Reduktion der Generikapreise um die Hälfte nichts ändern würde. Es würde sich sehr vieles verändern: Viele Arzneimittel, das lehren uns auch Beispiele aus dem Ausland, würden verschwinden und einige Anbieter gleich mit. Das hätte fatale Konsequenzen: Die Menschen sterben zwar dann nicht an Bluthochdruck oder anderen banalen Krankheiten, die man heute eigentlich alle mit Generika therapieren kann, sondern sie müssen auf teure Originalpräparate umgestellt werden, was die Medikamentenkosten wieder in die Höhe treibt. Deshalb warnen wir davor, am falschen Ort zu sparen. Dass der Bundesrat in seinem Sparprogramm mit einem Referenzpreissystem für Generika am völlig falschen Hebel ansetzt, verdeutlichen folgende Zahlen: Schon heute sind 10 % der Medikamente neue, teure Medikamente, die 50 % der Kosten verursachen. Die restlichen 90 % sind patentabgelaufene, preiswerte Medikament, die ebenfalls 50 % der Kosten ausmachen. Zudem gilt festzuhalten, dass der Generikaumsatz in der Schweiz von gut 1 Mrd. Franken zu Publikumspreisen gerade mal 1,3 % der gesamten Gesundheitskosten ausmachen.

    Widerstand breitet sich aus

    Während die Opposition gegen Referenzpreise sich anfänglich in Fachkreisen formierte, hat das Thema gerade 2019 weitere Akteure, wie z. B. Patienten- und Konsumentenvertreter wie auch führende Medien des Landes, auf den Plan gerufen. So warnt die renommierte Tageszeitung Der Tagesanzeiger vor sich verschärfenden Lieferengpässen bei Medikamenten, spricht dabei unumwunden von einem „Notfall bei Arzneimitteln“ und macht dafür auch den Preisdruck auf die Hersteller verantwortlich. In zahlreichen Stakeholder-Events werden Referenzpreise heiß diskutiert, wie z. B. an einem, Ende Okt. vom Magazin kmuRUNDSCHAU organisierten Round Table. Mehr und mehr Experten im schweizerischen Gesundheitswesen kommen aus der Deckung und beziehen klar Stellung gegenüber einem Referenzpreissystem, wie z. B. der Spitalapotheker Dr. Enea Martinelli, der die akuten Lieferengpässe bei Medikamenten beklagt: „Schon heute fehlen uns 600 Medikamente. Jedes fehlende Medikament ist eines zu viel. Das Referenzpreissystem wird sicherlich nicht zur Verbesserung der Situation beitragen. Es birgt vielmehr ein großes Risiko. Die Konsequenzen für den Patienten sind letztendlich eine große Unsicherheit, dauernde Medikamentenumstellungen und z. T. massive Mehrkosten. Am Schluss erreichen wir das Gegenteil von dem, was wir eigentlich wollten: Wir steigern die Kosten, anstatt sie zu senken.“

    Auch Dr. Fabian Vaucher, Präsident des Schweizerischen Apothekerverbands pharmaSuisse, sieht die Patienten als die großen Verlierer eines Systemwechsels: „Ein Referenzpreissystem würde zentral das Vertrauen zwischen dem Therapeuten und seiner Medikation gegenüber dem Patienten wie auch die Arzneimittelsicherheit zerstören. Anstelle eines Wechsels auf ein System mit hohen Risiken müssen wir günstige Medikamente attraktiver machen und die Anreizsysteme bei der Vergabe von günstigen Medikamenten verbessern.“

    Im Widerstand gegen das Referenzpreissystem wissen die Apotheker die Ärzteschaft an ihrer Seite. Dr. med. Jürg Schlup, Präsident des Ärzteverbands FMH sieht 2 Probleme: Einerseits die Patientensicherheit aufgrund preisinduzierter Medikamentenwechsel, die dann zu Fehleinnahmen von Medikamenten führen könnten. Andererseits die Sorge um die Versorgungssicherheit, die heute schon durch Lieferengpässe beeinträchtigt wird. „Diese Lieferengpässe könnten sich in Folge der Tiefpreispolitik und von preisinduzierten Produktionsauslagerungen weiter verschärfen“, warnt der Mediziner. Auch Yvonne Gilli, Mitglied des Zentralvorstands der FMH, warnt vor einem Referenzpreissystem, weil es Patienten zwingt, die Medikamente zu wechseln, was z. T. schwere Nebenwirkungen nach sich zöge. „Bei Allergikern sind mir Komplikationen bekannt, da sie nicht richtig behandelt werden, da man von einem Medikament zum nächsten wechseln muss. Auch wenn der Wirkstoff der gleiche bleibt, können geänderte Hilfsstoffe z. T. schwere Allergien auslösen. Im Bereich der Psychiatrie gibt es viele chronisch Kranke, die sozioökonomisch schlecht dastehen und mehrere Medikamente brauchen. Wenn man hier abrupt wechseln muss, ist es wahrscheinlich, dass uns die Situation entgleist. Dies führt zu unnötigen und teuren Spitalzuweisungen, allein weil der Wechsel eines Medikamentes den Zustand des Patienten verschlechtert“.

    Babette Sigg Frank, Präsidentin des Schweizerischen Konsumentenforums, hebt die Sorge der Bevölkerung hinsichtlich der Patientenversorgung hervor: „Die gefährdete Versorgungssicherheit und häufige Medikamentenwechsel belasten Patienten. Das macht sich im Alltag bemerkbar, wenn man nicht mehr zwischen unterschiedlichen Darreichungsformen und Umfang wählen kann, sondern seine Tabletten selber halbieren bzw. vierteln muss. Da stößt man bei Patienten, die dazu nicht in der Lage sind, an Grenzen. Daher ist auch die Verunsicherung bei dieser Zielgruppe groß.“ Die Konsumentenvertreterin legt den Politikern folgenden Rat ans Herz: „Am besten versetzen sich die Schweizer Parlamentarier in die Situation der Patientinnen und Patienten hinein. Wir als Konsumentenschützer setzen genau auf diese Strategie. Wir weisen die Parlamentarier sehr konkret auf Konsequenzen der Referenzpreisstrategie hin und sagen zu diesem bislang eingeschlagenen Weg ein klares Nein.“

    Gegenvorschlag: System beibehalten, Anreizsysteme ändern

    Intergenerika wie auch die Allianz der Referenzpreisgegner reichen der Politik die Hand und unterstützen die Sparanstrengungen. Mit Jahr für Jahr sinkenden Preisen leisten Generika und Biosimilars einen wachsenden Sparbeitrag. Als Alternativvorschlag zu einem Referenzpreissystem empfehlen wir, die Durchdringung von Generika im Schweizer Markt zu fördern. Während in Deutschland oder den Niederlanden die Zahlen der abgegebenen Generikamedikamente bei über 80 % liegen, fristet die Schweiz mit einem Marktanteil bei knapp 30 % ein Stiefmütterchen-Dasein. Statt „bei den Generika sparen“ muss die Devise vielmehr lauten „mit Generika sparen“. Es ist deshalb viel sinnvoller, bevor man über Referenzpreise spricht, über Fehlanreize zu sprechen. Solange Arzt und Apotheker mit der Abgabe eines Originalpräparats mehr verdienen als mit einem Generikum, wird sich bei der Generikadurchdringung in der Schweiz auch in Zukunft nicht viel tun.

    Ausblick 2020

    Noch lässt sich die Einführung eines Referenzpreissystems, was – wie dargelegt – fatale Konsequenzen nach sich zöge, abwenden. In 2020 ist die Politik gefordert, im Sinne des Wohles des Volkes zu handeln. Wenn die Gesundheitskommission des am 20.10.2019 gewählten Parlaments über den Vorschlag des Bundesrats entscheidet, sollten die massiven Bedenken führender Gesundheitsexperten des Landes als klare Warnung zu verstehen sein.

    Originaldokument