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    Stärkung der Rahmenbedingungen in einem schwierigen Umfeld

    Statements der Verbände

    Thomas B. Cueni · Generalsekretär Interpharma, Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz
    Thomas B. Cueni

    Das vergangene Jahr begann mit einer Überraschung: Die Schweizerische Nationalbank hob am 15. Januar die 2011 eingeführte Frankenuntergrenze von 1,20 CHF/EUR auf. Die Produkte der Schweizer Exportwirtschaft wurden damit über Nacht um rund 15 % teurer und kurz darauf waren schon die ersten Berichte über die Einführung von Kurzarbeitszeit, den Abbau oder Verlagerungen von Arbeitsplätzen oder aufgeschobene Investitionen zu lesen. Auch die forschende Pharmaindustrie ist vom starken Franken betroffen, wenn auch weniger als andere Exportbranchen wie etwa die Maschinenindustrie. Aber auch ihre Kostenbasis hat sich im Vergleich zum Euroraum schlagartig um nochmals rund 15 % verteuert, nachdem sie schon vorher aufgrund des seit Langem überbewerteten Frankens deutlich teurer war.

    Pragmatische Umsetzung der „Masseneinwanderungsinitiative“

    Die Aufhebung der Frankenuntergrenze kam in einer Zeit großer Unsicherheit darüber, wie die Schweiz ihre Beziehungen zur Europäischen Union (EU) in Zukunft gestaltet. Die Schweizer Stimmbevölkerung hatte im Februar 2014 ganz knapp die „Masseneinwanderungsinitiative“ (MEI) der Schweizerischen Volkspartei (SVP) angenommen, die auf Verfassungsstufe eine eigenständige Steuerung der Zuwanderung mittels Kontingenten verlangt. Dies ist jedoch nicht mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU vereinbar, das Teil der Bilateralen Verträge I zwischen der EU und der Schweiz ist. Je nach Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmung beginge die Schweiz Vertragsbruch, was wegen der Guillotine-Klausel zu einer Kündigung der gesamten Bilateralen I führen könnte. Damit hätten die Schweizer Pharmaunternehmen nicht nur mehr Mühe, unbürokratisch die dringend benötigten Fachkräfte auch im EU-Raum zu rekrutieren, sondern auch der Marktzugang zur EU würde erschwert, da die Bilateralen I auch ein Abkommen über die technischen Handelshemmnisse umfassen. Dieses ist für die Pharmabranche absolut zentral, denn 2014 gingen 54 % aller Schweizer Pharmaexporte in die EU. Das Abkommen erleichtert beispielsweise die Chargenzertifizierung, indem diese in der Schweiz vorgenommen werden kann und von allen EU-Staaten anerkannt wird. Auch Inspektionen zur Guten Herstellpraxis, die heute von Schweizer Instituten durchgeführt werden, werden wechselseitig anerkannt und müssen deshalb nicht mehrfach ausgeführt werden. Das spart Zeit und Kosten.

    Bei einer Kündigung der Bilateralen I würde ebenfalls das Abkommen über die Forschungszusammenarbeit wegfallen, was für den international stark vernetzten Forschungsplatz Schweiz verheerend wäre. Hier sind bereits erste Auswirkungen der MEI-Annahme spürbar, denn kurz nach der Abstimmung hat die Europäische Kommission die Verhandlungen über eine Vollassoziierung der Schweiz am Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 suspendiert. Zwar konnte eine Übergangslösung gefunden werden, allerdings wird eine Vollassoziierung in Zukunft nur möglich sein, wenn eine Lösung im Bereich der Personenfreizügigkeit gefunden wird.

    Die Umsetzung des neuen Verfassungsartikels wird die Schweizer Politik und Wirtschaft in diesem Jahr intensiv beschäftigen, da sie bis zum Februar 2017 abgeschlossen sein muss. Der Gesetzesentwurf liegt allerdings noch nicht vor. Für die forschende Pharmaindustrie ist es absolut zentral, dass eine pragmatische Lösung gefunden wird, die mit den Bilateralen I verträglich ist. Gefordert ist dabei aber nicht nur die Politik, sondern auch die Wirtschaft selbst. Zwar hatten die Wirtschaftsverbände im Abstimmungskampf darauf hingewiesen, dass die MEI nicht mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen kompatibel ist und zu einer Kündigung der Bilateralen I führen könnte. Diese Position wurde aber – das muss man selbstkritisch konstatieren – nicht mit der nötigen Vehemenz vertreten und man hat auch die Sorgen der Bevölkerung, die mit der Zuwanderung verbunden sind, zu wenig ernst genommen. Denn eine repräsentative Umfrage des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag von Interpharma vom Oktober 2015 zeigt, dass eine Mehrheit der Stimmbevölkerung die Personenfreizügigkeit mit Lohndruck, Belastung für die Sozialwerke und steigenden Miet- und Immobilienpreisen assoziiert. Zudem werden die Vorteile der Bilateralen I immer kritischer beurteilt: Während im Februar 2015 noch 55 % der Befragten in den Bilateralen Verträgen mit der EU nur oder eher Vorteile zu erkennen vermochten, waren es im Oktober 2015 nur noch 34 %.

    Die Wirtschaft muss diesen Unmut ernst nehmen und den Tatbeweis erbringen, dass sie ihren Beitrag leistet, um die Zuwanderung zu reduzieren. Konkret muss sie dafür sorgen, das ungenutzte Arbeitskräftepotenzial, namentlich Jugendliche, Frauen und ältere Menschen, besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Denn die Stimmbevölkerung ist sich größtenteils bewusst, dass die Schweiz einen einfachen Marktzugang zur EU braucht. Entsprechend sprachen sich in den Umfragen 82 % der Befragten für die Weiterführung der bisherigen Bilateralen aus, während etwa ein EU-Beitritt nur von 18 % befürwortet wurde. Die einzige mögliche MEI-Umsetzung, die auch in einer allfälligen Referendumsabstimmung bestehen könnte, dürfte demnach eine flexible Umsetzung der MEI ohne Verletzung der Bilateralen (64 % Zustimmung) sein, während eine wortgetreue MEI-Umsetzung, welche die Kündigung der Bilateralen riskiert, von einer deutlichen Mehrheit (61 %) abgelehnt wird.

    Während die Umsetzungsvorlage noch nicht verabschiedet worden ist, steht Ende Februar 2016 mit der „Durchsetzungsinitiative“ der SVP bereits die nächste standortgefährdende Volksinitiative an, die eine 2010 angenommene Volksinitiative zur Ausschaffung krimineller Ausländer „durchsetzen“ will. Diese Initiative ist gefährlich für den Standort Schweiz, da sie zum einen die Gewaltentrennung sowie das Prinzip von Verhältnismäßigkeit und Einzelfallbeurteilung unterlaufen und zudem den Spielraum für die Umsetzung von neuen Verfassungsbestimmungen aushebeln würde. Zum anderen widerspricht der vorgesehene automatische Ausschaffungsmechanismus bei Bagatelldelikten explizit der Personenfreizügigkeit und damit den Bilateralen I. Die Schweiz beginge mit der Annahme der Initiative also Vertragsbruch, würde damit ihre Verlässlichkeit und Rechtssicherheit aufs Spiel setzen und folglich einen zentralen Pfeiler ihres Erfolgsmodells gefährden.

    Unternehmenssteuerreform III: Ersatzmaßnahmen für wegfallende Steuerregimes

    Neben den europapolitischen Fragen wird uns in diesem Jahr die Unternehmenssteuerreform III beschäftigen. Dieses Reformpaket erfolgt auf Druck der OECD und der EU, welche die heutigen Sonderregimes für Holding- und Statusgesellschaften mit unterschiedlicher Besteuerung inländischer und ausländischer Einnahmen nicht mehr toleriert. Entsprechend geht es um Ersatzmaßnahmen für diese Steuerregimes. Zentral ist aus Sicht der forschenden Pharmaindustrie, dass die steuerliche und fiskalische Attraktivität des Standorts Schweiz gewahrt wird. Als zentrale Ersatzmaßnahme ist zum einen die Einführung einer Patentbox vorgesehen, mit der Einkünfte aus Patenten und anderen Immaterialgüterrechten mit einem tieferen Steuersatz besteuert werden. Zum andern sollen die Kantone die Möglichkeit erhalten, Ausgaben für Forschung und Entwicklung steuerlich abzugsfähig zu machen (Input-Förderung).

    Die Notwendigkeit dieser Reform war in der Vernehmlassung weitgehend unbestritten. Einiges hängt auch von den Entwicklungen in der OECD ab und entsprechend gilt es, so lange wie möglich den sich bietenden Spielraum zu nutzen. Die Gesetzesvorlage befindet sich am Anfang der parlamentarischen Beratung und wurde vom Ständerat im Dezember 2015 beraten. Dieser hat der Einführung sowohl der Patentbox wie auch der fakultativen Input-Förderung zugestimmt. Der Nationalrat und möglicherweise auch die Stimmbevölkerung im Falle einer Referendumsabstimmung werden ebenfalls noch darüber befinden.

    Wie immer die genaue Ausgestaltung der Reform auch sein wird: Für die forschende Pharmaindustrie sind Ersatzmaßnahmen für die wegfallenden Steuerregimes entscheidend, um die Attraktivität des Forschungsstandorts Schweiz zu wahren. Dies ist umso dringender, als vor dem Hintergrund schwieriger werdender Beziehungen zum Haupthandelspartner EU und dem nach wie vor starken Franken die Standortattraktivität der Schweiz bereits Schaden genommen hat.

    Originaldokument