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    Zwischen AMNOG und AMG-Novelle

    Statements der Verbände

    Henning Fahrenkamp · Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI)
    Henning Fahrenkamp

    Rückblick auf 2011

    Das Jahr 2011 war wieder einmal ein ereignisreiches Jahr. Und es stand ganz in der Kontinuität der politischen Maßnahmen der letzten Jahre: steigenden Anforderungen auf der einen und zunehmender Marktregulierung auf der anderen Seite.

    Eine der wesentlichen Herausforderungen des vergangenen Jahres war eine Aufgabe, die uns per Gesetz neu zugekommen ist. Erstmalig wurde im SGB V verankert, dass wir als gleichberechtigter Partner zusammen mit dem Spitzenverband Bund einen gesetzlichen Auftrag bekommen. Wir sollten und haben die Rahmenvereinbarungen für die Erstattungspreisverhandlungen bei innovativen Arzneimitteln verhandelt. Diese Monate der Verhandlungen waren geprägt durch Unsicherheiten, vor allem durch die Frage, ob es überhaupt möglich ist, trotz der gegensätzlichen Interessenlage mit der anderen Seite in ihrer starken gesetzlichen Position in echte Verhandlungen einzutreten. Durch unsere grundsätzliche Erwartungshaltung, dass es weiterhin auskömmliche Erträge der Industrie geben muss, und die Haltung der anderen Seite, die die Beitragsstabilität erwartungsgemäß als Dogma – als Monstranz – vor sich her trug, waren Konflikte programmiert. Und trotzdem haben die Monate bewiesen, dass Kompromisse – auch wenn sie sehr schmerzhaft sind – möglich sind.

    Zusammenfassend muss und kann man sagen: Wir haben uns gemeinsam mit den anderen Verbänden der pharmazeutischen Industrie als konstruktiver Partner erwiesen. Ob unsere schwierigen Zugeständnisse am Ende aber wirklich zu fairen Arzneimittelpreisen und mehr Innovationen führen werden, ist ungewiss. Hier wird es auf das richtige Augenmaß ankommen. Der im Gesetz geforderte faire Interessenausgleich muss gewährleistet werden.

    Zweifel ergeben sich schon aus den ersten frühen Nutzenbewertungen, die abgeschlossen worden sind. Die Wahl der Vergleichstherapie oder auch der Umgang mit Orphan Drugs durch das IQWiG deuten darauf hin, dass sich die frühen Nutzenbewertungen tatsächlich nicht an wissenschaftlichen Standards und fairen Methoden, sondern vielmehr an politischen, dogmatischen Zielsetzungen orientieren werden. Diese ersten Erfahrungen zeigen die Unzulänglichkeit des Verfahrens deutlich. Im Fall Pirfenidon, eines innovativen Arzneimittels gegen die äußerst seltene idiopathische pulmonale Fibrose, das den Orphan Drug Status hat, hat das IQWiG keinen Zusatznutzen festgestellt, und das bei einer Indikation ohne zugelassene Arzneimittel durch die mehr als angreifbare Wahl der Vergleichstherapie und statistischer Taschenspielertricks. Dabei ist der Zusatznutzen schon per Gesetz festgestellt. Auch wenn der Gemeinsame Bundesausschuss noch nicht endgültig entschieden hat, zeigt das Verfahren doch eines: Am Ende könnte schwerkranken Patienten der Zugang zu wichtigen Innovationen verwehrt bleiben. Wir werden hier mit Argusaugen hinschauen und auf Probleme aufmerksam machen. Schließlich geht es nicht nur um finanzielle Lasten, die uns Arzneimittelherstellern aufgebürdet werden, es geht auch um Verantwortung gegenüber den Patienten.

    Zwangsmaßnahmen und Regulierung

    Nahezu unbeobachtet von der Öffentlichkeit wirken die staatlichen Zwangsmaßnahmen weiter, mit extremen Folgen für die Pharmaindustrie. Wir hatten uns von der christlich-liberalen Koalition mehr wettbewerbliche Elemente erhofft; stattdessen stand auch das Jahr 2011 für uns im Zeichen zunehmender staatlicher Regulierung und Kostendämpfung. Das Preismoratorium und die Zwangsabschläge von 16 % haben die Firmen allein in diesem Jahr mit mehr als 2 Mrd. Euro unverhältnismäßig stark belastet. Gerade das Preismoratorium hätte aber, wie von uns bereits im Sommer 2011 vehement gefordert, laut EU-Transparenzrichtlinie längst überprüft und zurückgenommen werden müssen. Es ist mit der gesamtwirtschaftlichen Lage einfach nicht mehr zu rechtfertigen, denn die Wirtschaft boomt und die Gesetzliche Krankenversicherung vermeldet satte Überschüsse. Hier ist die Politik immer noch eine Antwort schuldig – verspätete Prüfungen reichen nicht!

    Wettbewerbliche Strukturen oder Feigenblatt?

    Völlig offen für den Arzneimittelbereich sind auch die Folgen des eben verabschiedeten Versorgungsstrukturgesetzes. Werden die Kassen die Chance wahrnehmen und nicht verschreibungspflichtige OTC-Arzneimittel als Satzungsleistungen anbieten? Kann es endlich den Einstieg in einen gesunden Wettbewerb zwischen den Kassen geben? Das bleibt abzuwarten. Wir werden uns auf jeden Fall niemandem verschließen und keiner Diskussion aus dem Wege gehen. Eines muss dabei aber klar sein: Zusammenarbeit geht nur, wenn wir uns gegenseitig respektieren und Misstrauen abbauen. Eines ist immerhin positiv festzuhalten: Mit der Möglichkeit der Satzungsleistungen für OTC-Arzneimittel wird eine Forderung des BPI nach wettbewerblichen Strukturen in der GKV umgesetzt.

    Die AMG-Novelle

    Jahresübergreifend wird die nächste, die „16. Novelle“ des Arzneimittelgesetzes für Gesprächsstoff und Diskussionsbedarf sorgen. Nach langem Warten liegt nun der Entwurf vor. Das Gesetz dient im Wesentlichen der Umsetzung europäischer Richtlinien in den Bereichen Pharmakovigilanz und Arzneimittelfälschungen in nationales Recht. Ferner wird das Heilmittelwerbegesetz (HWG) endlich an die europäische Rechtsprechung angepasst.

    Der Schwerpunkt liegt auf der Pharmakovigilanz. Hier wird es wesentlich sein, dass sich die Regelungen auch an der Frage messen lassen, ob sie notwendig und in einem akzeptablen bürokratischen Rahmen bleiben. Überbordende Meldepflichten, restriktive Zeitplanungen die schlussendlich die Sicherheit nicht erhöhen, dürfen keinen Platz in einem Arzneimittelgesetz haben.

    In der Öffentlichkeit wird das Thema des Heilmittelwerbegesetzes und der notwendigen Anpassung an die europäische Rechtsprechung thematisiert. So sollen, wie der Europäische Gerichtshof am 5. Mai 2011 entschieden hat, die Packungsbeilage über verschreibungspflichtige Arzneimittel im Internet bereitgestellt werden können. Und die Folgen des sog. „Gintec-Urteils“ des EuGH für die Publikumswerbeverbote müssen umgesetzt werden. Diese Umsetzungen sind lange überfällig und entsprechen der europäischen Gesetzgebung und langjährigen Forderungen des BPI.

    Für besonders fälschungsgefährdete Arzneimittel sehen die neuen Regelungen Sicherheitsmerkmale zur Authentifizierung und Identifizierung einzelner Arzneimittelpackungen vor. Die Einzelheiten werden in delegierten Rechtsakten der EU-Kommission festgelegt. Es sind Übergangsvorschriften von bis zu sechs Jahren vorgesehen.

    Wichtig ist es, dass wir mit Securpharm verbandsübergreifend ein gutes, weil praktikables Modell auf die Beine stellen, das Arzneimittelfälschungen in der Vertriebskette zuverlässig aufdecken kann. Auch dieses Projekt macht deutlich, dass sich die pharmazeutische Industrie ihrer Verantwortung stellt.

    Und last but not least sieht der Referentenentwurf einen extremen staatlichen Eingriff in die unternehmerischen Rechte vor. Im Falle der Gefahr eines Versorgungsmangels soll die zuständige Landesbehörde die notwendigen Anordnungen treffen können, um eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Breitstellung des Arzneimittels sicherzustellen. Natürlich akzeptieren wir, dass zur Bewältigung von Notstands- oder Katastrophenfällen hoheitliche Sonderrechte notwendig sein können. Doch solche Sonderrechte müssen klar und eng definiert sein. Ein Versorgungsmangel müsste zuallererst einmal unzweifelhaft festgestellt sein. Und außerdem müsste für den Fall staatlicher Eingriffe in privatwirtschaftliche Unternehmen zwingend eine angemessene Entschädigungsregelung vorgesehen werden.

    Ausblick 2012

    Für das Jahr 2012 wünsche ich mir, dass die einseitige Belastung und Entmündigung der pharmazeutischen Industrie endlich ein Ende hat. Viel zu spät überprüft das Bundesministerium für Gesundheit jetzt sowohl das Preismoratorium als auch die überhöhten Zwangsabschläge. Ich wünsche mir hier eine klare Entscheidung zur Rücknahme der wettbewerbsschädigenden Maßnahmen, befürchte aber insgesamt, dass auch das Jahr 2012 wieder von staatlicher Regulierung und von Innovationshemmnissen geprägt sein wird – mit unabsehbaren Folgen für den Pharmastandort Deutschland.

    Hinsichtlich der Fragestellungen der frühen Nutzenbewertung und der nachfolgenden Preisverhandlungen wird intensiv zu beobachten sein, ob wissenschaftlicher Anspruch und Umsetzung des Gesetzes durch poltische Ränkespiele oder Ideologie überlagert werden. Und ob der Spitzenverband seine Monopolstellung ausnutzt oder sich seiner Verantwortung auch für wichtige Innovationen bewusst ist.

    Wir wollen das dringend reformbedürftige Gesundheitswesen verantwortungsvoll mitgestalten, deshalb brauchen wir auch mehr Beteiligungsmöglichkeiten und Transparenz. Ich wünsche mir insbesondere eine baldige, wirkliche Reform des Gemeinsamen Bundesausschusses, speziell die Einrichtung eines unabhängigen wissenschaftlichen Beirats. Kurz: Ich wünsche mir für 2012 mehr konstruktive Zusammenarbeit im Gesundheitswesen.

    Originaldokument