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    Versorgungssicherheit: Auch ein Thema für Europa!

    Statements der Verbände

    Bork Bretthauer · Geschäftsführer Pro Generika/AG Pro Biosimilars
    Bork Bretthauer

    „Leichter gesagt als getan“, lautete die Antwort von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf die Frage eines Arztes auf einer öffentlichen Veranstaltung im November 2019 in Berlin, was denn politisch gegen Engpässe bei Arzneimitteln helfe. Dann machte Spahn in wenigen Worten die Vielschichtigkeit des Problems klar: die globale Herstellung von Wirkstoffen, die Konzentration auf wenige Wirkstoffhersteller, fragile Lieferwege. Deutlich wurde, dass auch aus Spahns Sicht das Problem offenbar nicht mit der einen schnellen Lösung behoben werden kann.

    Dass der Minister „im Thema“ ist, hatte er schon zu einem früheren Zeitpunkt gezeigt. Denn er war es, der sich 2019 in der Bundesregierung maßgeblich für den sog. supplementary protection certificate (SPC) Manufacturing Waiver eingesetzt hatte. Seinem Engagement ist es zu großen Teilen zu verdanken, dass auch das federführende Justizministerium nochmals die eigene Position überdachte und Deutschland am Ende im Ministerrat für den Waiver votierte. Erst damit wurde eine Mehrheit im EU-Ministerrat möglich, nachdem das EU-Parlament sich bereits entsprechend klar positioniert hatte. Und so wurde der Weg frei für eine Stärkung der Arzneimittelproduktion in Europa, ohne dass es zu einer Einschränkung bei den Schutzrechten geistigen Eigentums kam.

    Nach langen Jahren der Diskussion wird im Jahr 2022 nun endlich der paradoxe Zustand beendet, dass Generika und Biosimilars, die am Tag 1 nach Ablauf der Schutzrechte in die Versorgung in Deutschland kommen, überwiegend im EU-Ausland produziert werden müssen – da eine heimische Produktion noch während der Schutzfrist dann nicht länger als Verletzung geistigen Eigentums gilt.

    Der SPC Manufacturing Waiver ist aber auch in anderer Hinsicht ein Meilenstein. Er steht für ein stärkeres Bewusstsein bei vielen Politikern, dass eine starke Arzneimittelproduktion in Europa von großer Bedeutung ist.

    Arzneimittel „Made in Europa“ stärken – aber wie?

    „Made in Europa“ rückt damit stärker in den Blickpunkt. Jetzt geht es darum, die Weichen richtig zu stellen. Dabei ist es wichtig, sich realistische Ziele zu setzen. Autarkie ist weder möglich noch realistisch. Aber eine Diskussion darüber, ob/inwieweit z. B. eine Berücksichtigung von „Made in Europa“ in Ausschreibungen dazu beitragen kann, ein weiteres Abwandern von Produktion – die gerade im Bereich der Grundversorgung durch Generika unter massivem Kostendruck steht – zu verhindern, ist bereits in vollem Gange. Aus vergaberechtlicher Sicht, so sagen Experten, sei das ohnehin bereits möglich.

    In der aktuell in Deutschland intensiv geführten Kontroverse über Engpässe wird dabei übersehen, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein Positionspapier des „Jour Fixe zu Liefer- und Versorgungsengpässen“ veröffentlicht hat, welches über viele Monate hinweg zwischen allen Stakeholdern verhandelt und verabschiedet worden war.1) Darin werden Eckpunkte benannt, wie die sichere Versorgung mit Arzneimitteln in der Klinik gestärkt werden kann. Besonders deutlich zeigt dieses Papier, dass eine Schuldzuweisung zum jeweils anderen nicht weiterhilft. Vielmehr wird die Versorgung nur dann sicherer, wenn alle Akteure (Kliniken, Großhändler, Hersteller) ihrer Verantwortung gerecht werden.

    Heiße Eisen warten in Brüssel

    Deutschland übernimmt im Sommer 2020 die EU-Ratspräsidentschaft. Auf der Agenda des Ministers steht v. a. die Digitalisierung. Ihm geht es dabei u. a. darum, mit den EU-Kollegen eine Art Code of Conduct darüber zu vereinbaren, wer was EU-weit mit welchen Gesundheitsdaten anfangen darf.

    Doch darüber hinaus warten weitere heiße Fragen auf eine Antwort. So z. B. die Frage, ob es ein EU-weites Health Technology Assessment (HTA) geben sollte? Spahn selbst hat sich jüngst erneut dazu bekannt, dass der wissenschaftliche Teil des Bewertungsprozesses auf EU-Ebene stattfinden kann – Preisbildung und Erstattung müssten dagegen in jedem Fall unter der Hoheit der Nationalstaaten bleiben.

    Auch das sog. intellectual property (IP) Incentives Review steht im nächsten Jahr an. Bereits im Jahr 2016 von der niederländischen Ratspräsidentschaft angestoßen, geht es um die Frage, ob die EU-weit eingeführten Anreize im Bereich geistigen Eigentums (v. a. bei Orphan Drugs und Arzneimitteln für Kinder) zu den gesundheitspolitisch erwünschten Ergebnissen geführt haben und in welchem Verhältnis diese Ausweitung von Schutzrechten geistigen Eigentums zu dem gesundheitspolitisch erwünschten Generika- und Biosimilarwettbewerb steht, der dadurch nicht in Mitleidenschaft gezogen werden sollte.

    Ob bzw. welches dieser beiden spannenden Themen zeitlich in die deutsche Ratspräsidentschaft fallen, wird sich noch zeigen. Klar ist aber bereits heute: Deutschland wird nun auch das Thema Versorgungssicherheit auf seine europäische Agenda nehmen.

    Biosimilars: Vom Nutzen und Risiko gesundheitspolitischer Entscheidungen

    2019 war das bislang erfolgreichste Jahr in der Geschichte der Biosimilars in Deutschland. Hätte nach dem Patentablauf des einst umsatzstärksten Arzneimittels der Welt, Humira, im Oktober 2018 jemand prognostiziert, dass Biosimilars nach nur 12 Monaten nicht nur die Hälfte der gesamten Versorgung übernehmen, sondern dass der Preisvorteil dabei bei 50 % liegen würde – wer hätte ihm geglaubt? Aber nicht nur bei Adalimumab, sondern auch bei Trastuzumab und Rituximab gibt es eine starke und dynamische Entwicklung. Hier haben die verfügbaren Biosimilars nach kurzer Zeit sogar über 60 % bzw. über 75 % Versorgungsanteil übernommen.

    Blickt man durch die gesundheitspolitische Brille, bei der es v. a. darum geht, dass Menschen Zugang zu guter Versorgung haben und diese für das Gesundheitssystem langfristig bezahlbar ist, müsste man hoch erfreut sein. Die gute Entwicklung im Biosimilar-Markt war vermutlich auch ein Grund dafür, warum man die sog. automatische Substitution in Deutschland nun zum Sommer 2022 einführen will. Man kann sich allerdings fragen, wozu es diese Regelung überhaupt noch braucht: Der Preiswettbewerb ist so aktiv wie nie; die Marktdurchdringung geschieht so schnell wie nie zuvor – und doch ist es so, dass so gut wie jedes neue Biosimilar, das in die Versorgung gelangt, von den Krankenkassen sofort unter Rabattvertrag genommen wird!

    Aus unserer Sicht überwiegen die realen und potenziellen Risiken gegenüber dem vermeintlichen Nutzen der automatischen Substitution bei weitem. Und diese Risiken werden nirgendwo so übersichtlich und überzeugend zusammengefasst wie in der Stellungnahme der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft zum Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV2)). Politische Entscheidungen sollten kein Selbstzweck sein: Wenn man heute bereits absehen kann, dass die gesundheitspolitischen Ziele in der Biosimilar-Versorgung sämtlich erreicht werden können – dann ist die automatische Substitution v. a. eines: entbehrlich.

    Verweise

    1)https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Zulassung/amInformationen/Lieferengpaesse/Protokolle/Empfehlungen%20zur%20Vertragsgestaltung_190711.pdf
    2)https://www.akdae.de/Stellungnahmen/BMG/20181214.pdf
    Originaldokument