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    Tue Gutes und sprich darüber

    Spektrum

    Unlängst verschlug es mich ins tiefste Oberschwaben zu „ProMediPac Medical Packaging Technology“ in Mengen. Ich hatte über die Fachhochschule Sigmaringen vernommen, dass hier eine Firma ansässig sei, die einen Reinraum betreibe, die Menschen mit Hand Cap beschäftige. Strukturiert, reguliert und qualifiziert wie die Pharmawelt ist, war das eine spannende, wenn auch etwas befremdliche Information, der es auf den Grund zu gehen galt. Ein paar Wochen später stehe ich nach knapp dreistündiger Fahrt im Mengener Gewerbegebiet und werde von Markus Bix zu einer Firmenführung begrüßt. Der 48-Jährige hat das Projekt mit auf die Beine gestellt und ist zugleich Leiter der Qualitätskontrolle.

    Keine zwei Minuten nach meiner Ankunft betreten wir die hellen Eingangsräume und wechseln – wie auch bei den Pharma-Giganten üblich – erst einmal den Dress Code. Reinraumtauglich verpackt und bemützt führt mich Bix erzählend durch die hellen und klimatisierten Räume innerhalb des Flachbaus. Voller Leidenschaft berichtet er mir von dem „neuen Projekt“. „Die ProMediPac gehört zur Oberschwäbische Werkstätten gem. GmbH (OWB), die bereits 1970 gegründet wurde. Menschen mit Handicap haben hier die Chance eigenverantwortlich zu leben, selbständig zu wohnen und werden zudem fit für das Berufsleben gemacht.“ Er berichtet, dass neben einer Kaffeerösterei auch eine Metall- und Holzverarbeitung, eine Montage, einen CAP-Markt (Supermarkt), einen Bereich Landschafts- und Gartenbau und Hauswirtschaft zur OWB gehören. Doch die Verantwortlichen spürten in den vergangenen Jahren – wie andere Unternehmen auch – wie rückläufig sich der Automotive-Markt entwickelte. „Das wirkte sich natürlich auch negativ auf das Geschäftsfeld „Montage“ aus. So suchten die Verantwortlichen der OWB nach Alternativen, um für die Mitarbeiter auch weiterhin attraktive und dem „Freien Arbeitsmarkt“ gleichwertige Arbeitsplätze zu schaffen. „Da haben wir zum ersten Mal über die Pharmaindustrie gesprochen und dass wir auch in der Lage wären, in einem Reinraum Montagearbeiten durchzuführen“, lässt Bix seine Gedanken zum Tag der Idee zurückschweifen. Der Gedanke wurde schnell zum Projekt und knapp zwei Jahre später waren Reinräume projektiert und gebaut, die Abteilung „ProMediPac“ gegründet und zertifiziert. Bis September 2014 soll auch nach DIN 13485 zertifiziert sein und die GMP Herstellerlaubnis erteilt sein.

    Die Mengener verfügen über Reinräume der Klasse D und C und bietet von der Montage, Lohnverpackung über Umverpackung, Logistik und Beratung ein breites Spektrum an Dienstleistungen. Eingebettet in die OWB sieht es die Pro-MediPac – als ihre Aufgabe qualifizierte Unterstützung für behinderte Menschen und ihre Angehörigen zu bieten. „Und dazu“, betont Markus Bix, „gehört auch jedem Einzelnen neue gangbare Wege und interessante Zukunftsperspektiven zu eröffnen“. Nach seinen Aussagen sei dies nicht nur Kern einer möglichst individuellen Lebensgestaltung, sondern auch Schlüsselelement zur gesellschaftlichen Teilhabe und Inklusion. Es ginge darum, Menschen mit Behinderung eine Tätigkeit bieten, die ihnen Freude bereite und ideal für sie geeignet sei. Oberstes Ziel sei, die Gesamtpersönlichkeit nachhaltig zu fördern und – das stellt Bix als weiteren Schwerpunkt heraus – die Angestellten unter realen Arbeitsbedingungen an die normale Arbeits- und Alltagswelt heranzuführen. Sofort drängt sich mir die Frage auf, von welchen Behinderungen wir denn hier sprechen. Ich merke während wir uns auf den Weg zu den Reinräumen machen, dass es mir an Vorstellungskraft für die Menschen und ihre Jobs mangelt. Bevor wir alles anschauen, möchte ich mental gewappnet sein. „Was meint denn Behinderung ganz konkret?“, sprudelt die Frage aus mir heraus. „Körperlich? Geistig? Menschen mit Spastiken?“ Die journalistische Neugier ist größer als die Fähigkeit manch bittere Wahrheit durch bunte Verpackung süßer zu machen. Der 48-Jährige löst dieses Rätsel und untermauert es mit wissenschaftlichen Erkenntnissen: „Die Pränatal-Diagnostik und die gesellschaftliche Entwicklung haben es mit sich gebracht, dass wir in Zukunft weniger geistig Behinderte im klassischen Sinne haben werden. Dafür aber viel mehr Menschen mit so genannten Verhaltensauffälligkeiten.“ Wir erreichen den Reinraum und ich schaue mich um. Seltsam unauffällig. Keine Behinderten, wie ich Sie mir vorstelle. In dem knapp 300 Quadratmeter großen Bereich, arbeiten Mitarbeiter an einer Spezialmaschine der Firma „HPT Pharma Packaging“. „Was sie hier sehen ist eine Komplettier- Maschine, die uns HPT für die Montageaufgaben zur Verfügung stellt. „HPT, ein alteingesessene Unternehmen aus Neuhaus am Rennweg, ist unser strategischer Kunde und wir hoffen sehr, das weitere folgen werden“, so Bix, während er mich um die Maschine führt.

    Karl-Heinz Sladek, Geschäftsführer der Firma HPT hat die Aufträge gern an die OWB vergeben: „Wir selbst hatten weder die zeitlichen noch die räumlichen Kapazitäten, um diesen Auftrag zu erledigen. Nachdem wir uns auch sehr im sozialen Bereich engagieren, war es eigentlich keine Frage, den Auftrag an ein Unternehmen zu vergeben, das unsere Ansichten vertritt und auch lebt.“ HPT und OWB wurden sich schnell einig und dem Erstkontakt folgte in Bälde ein Montageauftrag, der beiden Seiten dienlich ist.

    Während wir weiter durch den Reinraumbereich gehen, verrichten die Mitarbeiter konzentriert und ganz in Weiß gekleidet ihre Arbeit. Hinter den Mundschutz erahne ich mehr, als ich sehe Junge und Ältere. Männer und Frauen. Nicht anders kenne ich das auch von Pharma-Giganten in den späten 1980ern, als die Automatisierung noch in den Kinderschuhen steckte und vieles noch von Hand erledigt wurde.

    Ein Angestellter lächelt zu mir herüber. Die kleinen Fältchen um seine Augen kräuseln sich, bestimmt grinst er unter seinem Mundschutz noch breiter. Ich schmunzle zurück. Und stelle fest: Ich fühle mich nicht unwohl. Mental hatte ich mich auf eine spezialisierte Behindertenwerkstatt eingerichtet. Aber hier ist alles völlig normal.

    Ein typisches Pharmaunternehmen im kleineren Maßstab. Dieselbe Optik, die gleichen Abläufe. Nur andere Menschen. Zumindest auf dem Papier. „Hier arbeiten Menschen, bei denen man irgendwann festgestellt hat, dass sie auf irgendeine Art und Weise anders sind. Die man dann auf die Sonderschule geschoben hat, weil man nicht wusste wohin. Oder auch Autisten und Leute mit Down Syndrom.“ Wort- und Gestenreich zeigt mir die Gruppenleiterin der Abteilung auf, dass ihre Mitarbeiter, etwas können, was andere nicht vermögen. „Monoton medizinische oder pharmazeutische Produkte verpacken. Tagein, tagaus, Jahrein, Jahraus und manchmal auch Jahrzehnte denselben Job, die immer gleiche Bewegung.“

    Ich weiß, dass es diese Arbeitsabläufe sind, die einer Vielzahl von uns „Anderen“ beruflich den Garaus machen würden. Weil Monotonie eben auch krank machen kann. „Für so etwas sind diese Menschen perfekt geeignet und das Beste daran: Es macht ihnen Spaß und sie sind glücklich.“ „Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt integriert werden“, erklärt mir Bix. Das gelänge allerdings nur in weniger als 1 Prozent aller Fälle.

    „Glück im Beruf“, wie selten das heute geworden ist, denke ich im Stillen, während wir Schritt für Schritt den knapp 300 Quadratmeter großen Reinraum erkunden. Bix berichtet mir von seinen Erfahrungen seit Bestehen der ProMediPac. „Insgesamt arbeiten im Moment fünf Menschen mit Handicap in unseren Reinraum und zudem haben wir sechs Montagehelfer eingestellt.“ Die Mitarbeiter verstünden sich prima und Vorbehalte gäbe es keine. „Nicht von der einen und nicht von der anderen Seite“, freut sich der Leiter der Qualitätskontrolle über diese Tatsache. Meine Neugier lässt nicht nach, vor allem weil ich mit anderen Formen der Behinderung gerechnet habe.

    „Es gibt beispielsweise Mitarbeiter mit Down Syndrom, was nicht immer offensichtlich ist. Gerade solche Menschen, haben eine schnelle Auffassungsgabe. Sie müssten zwar auch für einfache Prozesse länger unterwiesen werden, zeigen aber im Anschluss bei gleichbleibenden monotonen Prozessen eine extrem hohe und ausdauernde Leistungsfähigkeit“, klärt Bix mich weiter auf.

    Das erscheint mir plausibel, weiß ich doch, dass selbst in einer hochtechnologischen Gesellschaft nicht jeder Prozess automatisiert werden kann.

    Meine Frage nach einem Wunsch – wäre ich die gute Fee – beantwortet er nicht etwa mit „Subventionen und Fördergeldern“. Sein Statement ist so einfach, seinWunsch so klein und so leicht umzusetzen. „Jedes Unternehmen sollte eine Menge mehr von Mitarbeitern wie unseren einstellen. Weil es die ehrlichsten und offensten Menschen sind, die es gibt. Sie können gar nicht lügen.“ Ich pflichte ihm bei, der Gedanke gefällt mir. „Die Leute hier bei uns, die tragen zum richtigen Zeitpunkt das Herz auf der Zunge. Es vergeht kein Tag an dem nicht gelacht wird.“ Und trotz allem hochkonzentriert und effektiv gearbeitet wird. „Hier menschelt es.“ Als ich mich Stunden später auf den Heimweg mache, lasse ich den Tag Revue passieren und denke an die Kernaussage des Markus Bix: „Weder meine Aufgabe, noch all die guten Gefühle möchte ich missen. Für mich ist meine Arbeit viel mehr, als einfach nur meinen Lebensunterhalt zu verdienen.“ Chapeau!

    Kerstin Jarosch

    ProMediPac Medical Packaging Technology
    OWB Group – Oberschwäbische Werkstätten gem. GmbH
    Saarstraße 1
    88512 Mengen Telefon: 07572 761730
    E-Mail: info@promedipac.com
    www.promedipac.com

    Originaldokument