Rubrik: Ausland
(Treffer aus pharmind, Nr. 08, Seite 762 (2003))
Gielsdorf W
Pharmamärkte in Zentral- und Osteuropa / Chancen und Risiken aufgezeigt am Beispiel der Ukraine / Gielsdorf W
Pharmamärkte in Zentral- und Osteuropa
Chancen und Risiken aufgezeigt am Beispiel der Ukraine
Dr. Werner Gielsdorf
Healthcare Services and Consulting, Bibertal-Bühl
Die pharmazeutische Industrie in Europa (und hier insbesondere
die deutsche) leidet seit Jahren unter der ständigen Verschlechterung
ihrer ökonomischen Rahmenbedingungen.
Eine Möglichkeit diesem Druck zu entgehen, besteht darin, auf andere
Märkte auszuweichen: hier bieten sich die erst im Aufbau befindlichen
Pharmamärkte in den zentral- und osteuropäischen Ländern
an. Am Beispiel der Ukraine mit ihren fast 50 Mio. Einwohnern sollen die
Marktchancen, aber auch Risiken, für westliche Anbieter dargelegt
werden. Die wichtigsten Gründe für einen Markteintritt bzw.
den Ausbau eventuell bereits vorhandener Kapazitäten sind:
Das Bruttosozialprodukt wird im Jahr 2003 um 4,3 % steigen. Die Kaufkraft
der Bevölkerung wächst seit etwa drei Jahren stetig und schnell.
Ausländische Produkte halten seit Jahren einen (wertmäßigen)
Marktanteil von 60 % am Pharmamarkt und genießen aufgrund ihrer
Qualität ein sehr hohes Image bei der Bevölkerung, die auch
willig ist, die vergleichsweise hochpreisigen ausländischen Arzneimittel
zu bezahlen.
Die Versorgung mit modernen Arzneimitteln für ganze therapeutische
Gebiete, wie Onkologie, Hormone, Impfstoffe, ist von Importen abhängig.
Die einheimische Pharmaindustrie kann auch in der absehbaren Zukunft nur
einen Bruchteil der Bedürfnisse der Bevölkerung befriedigen.
Ganze Marktsegmente, wie Veterinärarzneimittel und Medizinprodukte,
sind weitgehend unbesetzt. Die Bevölkerung wird in noch zunehmendem
Maße die Kosten für Arzneimittel selbst tragen müssen:
der Markt für OTCs dürfte sich daher noch schneller als der
Gesamt-Pharmamarkt entwickeln.
Der gesamte medizinisch/pharmazeutische Dienstleistungssektor, wie Kranken-
und Pflegeversicherungssystem mit einem Kostenerstattungssystem für
Arzneimittel, ist unterentwickelt bzw. fehlt ganz. HMOs, die ja auch die
Versorgung mit Arzneimitteln übernehmen, gibt es (noch) nicht.
Internationale Donor-Organisationen, wie die Europäische Union, Weltbank,
Weltgesundheitsorganisation etc., haben jeweils zweistellige Millionenbeträge
zur Bekämpfung von Tuberkulose, AIDS, sexuell übertragbaren
Krankheiten und Hepatitis zur Verfügung gestellt. Etwa 30 bis 40
% dieser Summen sind für den Kauf von A rzneimittel vorgesehen. Die
Einführung von GMP eröffnet westlichen Produzenten die Möglichkeit
der Auftragsherstellung in der Ukraine. Die Hauptrisiken bestehen darin,
daß die eingeleiteten Reformprozesse sich verzögern oder gar
Rückschläge erleiden, wie etwa in Moldawien, oder sich eine
Finanzkrise, wie die von 1998, wiederholt.
© ECV- Editio Cantor Verlag (Germany) 2003